Theorie und Praxis
Die erste Naturbrut bei unseren Hühnern verlief alles andere als geplant, aber trotzdem sind aus drei befruchteten Eiern zwei goldige Küken geschlüpft. Eigentlich hatten wir vor, das kleine Ersatz-Hühnerhaus aufzurichten, um eine mögliche Glucke dort in Ruhe ihre Eier ausbrüten zu lassen. Bruteier wollten wir eventuell von unserem Nachbarn holen, von dem wir auch unsere Herde bekommen hatten. Alternativ hatten wir überlegt, Eier einer anderen Zwergrasse zu nehmen, weil wir gelesen hatten, dass Chabo-Küken eine sehr schlechte Schlupfrate haben. Aber natürlich lief nichts so ab wie geplant und die Hühner haben einfach ihr eigenes Ding durchgezogen…
Beginn der Brutzeit
Irgendwann im April fing Nanni an zu glucken und das Nest zu blockieren. Leider hatten wir unser Kükenheim noch nicht fertig und auch gar keine Zeit, um daran weiter zu arbeiten. Also hofften wir, dass die Henne von allein aufhören würde, wenn wir ihr die Eier wegnehmen. Aber sie dachte natürlich gar nicht daran. Irgendwann fing auch Brunhild an und gemeinsam hockten sie auf dem Lieblingslegenest der ganzen Herde. Wenn dann eine dritte oder vierte Henne ihr Ei legen wollte, bildeten sie einen dicken Kloß und stapelten sich übereinander.
Natürlich bekamen wir Mitleid mit den brutwilligen Hennen und dachten, vier Eier können wir ihnen wohl zugestehen, auch wenn es noch kein Gluckenheim gibt. Viel Zuversicht hatten wir allerdings nicht, sondern glaubten, die Eier seien gar nicht befruchtet oder die Glucken verlören irgendwann die Lust.
Das Lieblingsnest ersetzten wir durch einen etwas größeren Karton, damit beide Glucken Platz haben. Das andere Nest stellten wir daneben, in der Hoffnung, dass die anderen Hühner dort dann ihre Eier legen würden, was nur so halb geklappt hat.

Hindernisse und Probleme
Die Bruteier haben wir mit Bleistift beschriftet, um nicht durcheinander zu kommen. Blöderweise haben wir uns das Datum nicht gemerkt, normalerweise schreiben wir uns ständig die Hühner-News über Whattsapp, aber in dieser Zeit waren grad andere Dinge doch weit wichtiger. Erst am 30. April fingen wir an, darüber nachzudenken, und kamen zu dem Schluss, es müsste so der 18. bis 20. April gewesen sein, auf jeden Fall war der Brutbeginn da schon 1-2 Wochen her.
Jeden Tag wurden die Hennen einmal kurz angehoben, um die frischen Eier unter ihnen wegzusammeln. Brunhild ist dann meist erbost aus dem Stall geflohen, hat draußen schnell etwas gegessen und getrunken und sich wieder auf’s Nest gesetzt, sobald die bösen Menschen weg waren. Nanni wollte von Essen und Trinken allerdings nichts wissen. Selbst wenn man sie vor den Napf gesetzt hat, ist sie gleich böse knurrend wieder zum Nest gelaufen – wenn man das laufen nennen kann. Die Chabos sind ja ohnehin tiefergelegt, aber sie sah in ihrem Gluckengang so aus, als hätte sie Rollen unterm Bauch.
Zwischendurch hat Brunhild ein paar Tage die Lust am Brüten verloren und Nanni hat alle vier Eier an sich genommen. Später wollten dann plötzlich Hanni und Morla mitbrüten, das wurde aber zu viel. Also haben wir Nanni ganz aus der Schusslinie genommen und ihr einen kleinen Verschlag in der anderen Stallecke eingerichtet. Offenbar gefiel es ihr dort aber nicht und sie hat sich daraus befreit. Als wir am Nachmittag von der Arbeit kamen, saß sie wieder im Karton und die Bruteier waren kalt. Was für ein Schreck!

Obwohl wir eigentlich für dieses Jahr ohnehin keine Küken eingeplant hatten, waren wir doch irgendwie traurig.
Wir haben die Eier dann geschiert und festgestellt, dass zwei davon ohnehin nicht befruchtet waren, die beiden anderen sahen noch ganz gut aus, in einem schien tatsächlich auch ein Herz zu schlagen, also haben wir sie schleunigst wieder untergelegt.
Weil Brunhild wieder so gern brüten wollte und die anderen außer Nanni es aufgegeben hatten, hat sie irgendwann auch wieder ein Ei bekommen. Schlau wie wir sind, haben wir aber wieder das Datum nicht sofort draufgeschrieben. 😀
Beinahe-Katastrophe
Wir beschlossen, Nanni bis Muttertag, also den 13. Mai auf dem Nest zu lassen, dann wären die Eier 23 bis 25 Tage bebrütet, danach würde eh nichts mehr kommen und irgendwann musste ja mal Schluss sein.
Bevor sie in die Tonne sollten, haben wir doch noch einmal geschiert. Der größte Teil des Eis war dunkel, die Luftblase war riesig und durch eine klare, gerade Linie abgegrenzt. Wenn man das Ei drehte, bewegte es sich etwas. In diversen Internetforen waren ähnliche Eier als abgestorben eingeschätzt worden. Allerdings gab es auch ein Forum, wo jemand so ein Foto eingestellt hatte, da war das Ei 17 Tage alt und er hat es weiter bebrütet. Am Ende kam noch ein Küken raus.
Dieser kleine Zweifel reichte und wir schoben die Eier reumütig wieder unter die Hennen. Und das war die richtige Entscheidung!
Nochmal Glück gehabt!!!
Kaum zu fassen, was uns dann erwartete: Am 15. Mai fanden wir vor dem Gluckennest eine Eierschale, allerdings war nichts zu sehen. Ich meinte aber, unter Brunhild ein kleines Piepsen gehört zu haben. Obwohl es uns recht unmöglich vorkam, dass da noch etwas geschlüpft sein sollte, haben wir ein Tellerchen mit Kükenfutter und etwas Wasser vor das Nest gestellt. Die anderen Hühner wurden eine Weile aus dem Stall ausgesperrt. Und tatsächlich: Es war ein winziges gelbes Kügelchen geschlüpft!!!
Brunhild und das erste Küken
Inzwischen hatte allerdings auch Mrs. Patmore mit dem Brüten angefangen. Sie war dabei sehr giftig und klaute den anderen die Eier unterm Bauch weg. Weil wir dachten, dass Brunhild das Küken sicher nicht mehr verlassen würde, haben wir ihr Nest umgestellt und die anderen Eier ins Nebennest gelegt, Nanni und Mrs. Patmore oben drauf. So sollte Brunhild mit dem Küken etwas Ruhe vor ihnen haben. Aber das war keine gute Idee, denn kurze Zeit später waren die restlichen Eier verlassen und alle drei Hennen stapelten sich über dem Küken.
Hühnerstapel und irgendwo darunter das kleine Küken
Wir beschlossen, es noch einmal mit dem Separé zu versuchen. Dieses Mal haben wir eine kleine Lücke zur Wand gelassen, sodass das Küken, falls die Glucke dort partout nicht bleiben will, die Möglichkeit hätte, der Mutter zu folgen.
Brunhild und Küken separiert
Dieses Mal hat es sehr gut geklappt. Brunhild und das Küken, das erst einmal „Nugget“ heißt, bis wir wissen, ob es Hahn oder Henne wird, hatten ihre Ruhe und konnten sich ungestört aneinander gewöhnen. Schon bald hoppelte das Kleine sehr vergnügt um die Mutter herum. Auch gefressen und getrunken hat es recht schnell.
Nummer Zwei
Etwas leid tat es uns für Nanni, die ja als erste gebrütet hat und auch viel fester saß. Sie wirkte wie die bessere Glucke, aber das Kleine saß nun ganz eindeutig unter Brunhild, also haben wir sie zusammen separiert. Die beiden verbliebenen Eier habe ich mir noch ans Ohr gehalten. Ich glaubte, in dem einen Ei etwas gehört zu haben, aber sicher war ich mir nicht. Nanni und Mrs. Patmore saßen nun auf jeweils einem Ei, Nanni auf dem älteren.
Am nächsten Morgen war es dann eindeutig, die Schale war etwas angepickt und man hörte es schon piepsen. Aber am Abend war noch immer nichts geschlüpft. Obwohl es sehr in den Fingern juckte, haben wir Henne und Ei in Ruhe gelassen. Manche Geburten dauern eben etwas länger als andere.
Und siehe da: einen weiteren Tag später (inzwischen war schon der 18. Mai!) lag erneut eine Schale vor dem Nest. Sehen konnte man noch nichts, aber es piepste etwas unter Nanni.
Der Versuch, durch ein Tellerchen mit Kükenfutter einen Blick auf das Kleine erhaschen zu können, war nicht von Erfolg gekrönt, die beiden Glucken fraßen einfach alles allein auf und machten gar keine Anstalten, das Küken zum Fressen zu ermutigen. Aber die ersten 24 bis 48 Stunden zehren Küken offenbar noch von ihrem Dottersack und müssen nicht fressen.
Irgendwann war es dann aber soweit und auch Nummer Zwei begann, um die Glucken herumzulaufen. Mal kam es unter der einen hervor, mal hopste es auf der anderen herum. Man wird sehen, wer am Ende das Rennen macht. Ich würde es Nanni gönnen, aber falls Küki sich für Mrs. Patmore entscheidet, dann ist das eben so. Wir werden uns da nicht einmischen.

Zwischenzeitlich hatte auch Fräulein Else das Brüten für sich entdeckt. Das war ganz praktisch, denn wenn die anderen drei Hennen mit den beiden Küken herumliefen, blieb das letzte Ei trotzdem warm. Anders als befürchtet gingen die Hennen sehr freundlich miteinander um. Inzwischen waren sie alle zusammen im Stall und die drei Glucken saßen mal in der einen, mal in der anderen Ecke beieinander, während die Kükis um sie herumflitzten. Manchmal verließen einzelne Hennen auch den Stall, um draußen etwas zu essen oder ein Staubbad zu nehmen, aber eine Glucke blieb immer im Stall und bewachte das verbliebene Ei und die Küken. Kamen die anderen wieder rein, gab es einen Schichtwechsel.
Doch noch ein Todesfall
Wir konnten es kaum glauben, aber auch aus dem Nachzüglerei hörte man am 23.05. ein leises Piepsen. Beim Drehen des Eis konnte man auch schon die Schnabelspitze sehen. Leider war es am nächsten Morgen noch nicht viel weiter und wir mussten beide zur Arbeit und kamen erst am Abend zurück. Weil wir dann nichts mehr hören konnten, haben wir das Ei unter der Glucke hervorgeholt und sahen, dass das dritte Küken es leider nicht geschafft hat. Die Schale war schon zu etwa einem Drittel ab, aber offenbar ist die Innenhaut des Eis zu schnell getrocknet und hart geworden, sodass das Kleine zu schwach war, um sich daraus zu befreien. Das war sehr traurig.
Happy End
Nugget und Nummer Zwei haben sich aber sehr gut entwickelt und waren sehr robust und lebhaft. Sie haben uns schnell darüber hinweg getröstet, dass Nummer drei es nicht geschafft hat. Zum Abschluss und zur Krönung seht ihr hier noch ein paar Fotos, die mit der richtigen Kamera gemacht wurden, und zwei Viedos mit unseren süßen Goldstückchen: